Predigt von Pater Ivan zum 16. Sonntag im Jahreskreis

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit erzählte Jesus der Menge folgendes Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während nun die Menschen schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging weg. Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein. Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut? Er antwortete: Das hat ein Feind getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen? Er entgegnete: Nein, damit ihr nicht zusammen mit dem Unkraut den Weizen ausreißt. Lasst beides wachsen bis zur Ernte und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune!

Während meines Urlaubs in einem Gästehaus kamen mir ein paar lustigen Ansichtskarten in die Hand. Schnell merkte ich aber, dass sie nicht nur lustig, sondern auch sehr weise sind. Hinter lustigen Bildern und Sprüchen auf ihnen, verbergen sich tiefe Weisheiten fürs Leben. Auf einer der Karten stand der Spruch: „Ich bin übrigens nicht perfekt und arbeite auch nicht daran!“

Ich habe mir diese Karte gekauft! Sie soll mich daran erinnern, dass ich an mir selbst nicht zu offensiv, d. h. ohne eigene innere Dynamik zu beachten, arbeiten soll. Sie soll mir mit ihrer lustigen Art helfen, in meinen Bestrebungen, menschlich weiter zu kommen, nicht verbissen zu werden. Und sie soll gewisse Mahnung sein, sodass ich nicht in die Versuchung komme, mich besser darzustellen, als ich wirklich bin.

In der Vorbereitung dieser Predigt, musste ich einen schmunzelnden Blick auf diese Karte werfen. Im Evangelium erkenn ich nämlich eine ähnliche Botschaft.

Wenn ich auf mein Leben und meine Persönlichkeit schaue, dann sehe ich auch eine „bunte Landschaft“. Da gibt es neben den edlen Pflanzen der guten Eigenschaften und Gewohnheiten, auch einiges Unkraut!

Manches Unkraut wirft dann zwar etwas Schatten auf die guten Pflanzen aber macht mich auch menschlicher. Ich bin z.B. fleißig und pflichtbewusst, aber auch oft unorganisiert und vergesslich. Ich bin einerseits emphatisch aber andererseits manchmal unbedacht und zu direkt mit meinen Äußerungen.

Während meines Studiums war ich sehr leistungsorientiert. Diese Eigenschaft ist nicht unbedingt gut, aber damals hat sie mir doch geholfen, mein Studium gut abzuschließen und mir viel Wissen zu erwerben.

Wenn ich jetzt also mit aller Gewalt gegen meine negativen Seiten kämpfen würde, wäre ich wahrscheinlich zu sehr verbissen und „überkorrekt“. So ein Mensch entwickelt sich aber nicht wirklich. Wahres Wachstum und authentische Entwicklung brauchen gewisse Weite und Gelassenheit. Und ich glaube, Jesus wusste das! Deswegen rät er in seinem Gleichnis, nicht mit aller Gewalt, verbissen und puritanisch zu handeln.

„Lasst beides wachsen bis zur Ernte…“  Ich bin heute für diesen Rat Jesu sehr dankbar! Ich erfahre ihn als einen Ruf, nicht verbissen und puritanisch – perfektionistisch zu werden! Ich kann sowieso nicht alle meine Makel korrigieren. Deswegen soll ich danach auch nicht streben. Und andererseits befreie ich mich von manchen Makeln, wie von alleine, wenn ich innerlich dazu bereit bin.

 Im Evangelium ist nirgendwo davon die Rede, dass der Mensch selbst das Unkraut ausreißen soll. Jesus sagt deutlich: „zur Zeit der Ernte werde ICH den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; ….“  Gott ist der, der mich zum richtigen Zeitpunkt von meinen Makeln befreien und schließlich am Ende meines Lebens in seinem Reich erlösen und vollenden wird. Darauf soll ich mich als Mensch freuen. Mir persönlich tut es sehr gut, vor Augen zu haben, dass Gott von mir eben nicht erwarten, dass ich perfekt bin! Er fordert mich nur, mit mir selbst geduldig umzugehen.

 Mit manchem „Unkraut“ in mir muss ich aber erstmal Frieden abschließen, muss es annehmen, um wirklich innerlich zu wachsen.

Liebe Schwester, lieber Bruder,

womit musst du noch in dir den Frieden schließen, um wachsen zu können?