Predigt zum 4. Sonntag der Osterzeit von Pater Ivan

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.

In jener Zeit sprach Jesus: Amen, amen, ich sage euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. Ihm öffnet der Türhüter und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme.
Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen,
weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen. Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte.
Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden;
er wird ein- und ausgehen und Weide finden. Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.

Oft bekomme ich E-Mails von irgendwelchen Menschen aus fernen Teilen der Welt, die angeblich gerade mich gewählt haben, Ihr üppiges Erbe zu bekommen. Ich sollte Ihnen nur meine Kontodaten zukommen lassen, dass kümmern sie sich freundlich um alles. Auch viele Firmen werbe für ihre Produkte mit freundlicher Zuwendung und Sorge um mein Wohl. Ich soll ihnen nur mein Vertrauen schenken und ihre Produkte kaufen, dann würde ich schnell merken, wie selbstlos sie für mich da sein wollen.
Liebe Schwester, lieber Bruder, Du kennst solche E-Mails bestimmt auch. Die Frage nach den richtigen und falschen Hirten ist nach wie vor sehr aktuelle!
In allen diesen E-Mails, aber auch in allen anderen Arten von Werbung und Angebot, erkenne ich die Forderung, „das Tor“ meines Lebens zu öffnen und sie in mein Leben hineinzulassen. Und ich muss immer wieder feststellen, dass nicht alle „Hirten“ die angeblich um mein Wohlergehen sorgen wollen, mit lauteren Absichten anklopfen.

Eine Supermarktkette in meiner Heimat wirbt mit dem Slogan: „Was macht die glücklich“? Dabei wollen sie die Menschen zu einer fatalen (und falschen) Schlussfolgerung verleiten, zu denken, dass der Einkauf in dieser Supermarktkette sie glücklich macht. Die Menschen solle anfangen zu denken; ich bin glücklich, wenn ich dort einkaufe und immer mit möglichst vollerem Einkaufswagen aus dem Geschäft raus bin.
Und auch jene, die das nicht so direkt formulieren, versuchen bei den Kunden gerade diese Haltung entwickeln. Und diese Kunden sind nicht nur die anderen, sondern tagtäglich auch ich selbst. Auch wenn ich oft denke, klug und weitsichtig und spirituell genug zu sein, um diese Gefahren und falsche „Evangelien“ zu erkennen.
Oft genug merke ich, dass ich zumindest in kleinen Dingen den „falschen Hirten“ in die Hände falle. Immer wieder verspüre ich so einen Drang, dies oder jenes zu kaufen, um mich glücklich zu fühlen. Die Werbungen haben sich ja fleißig bemüht, ein Menschenbild und Glücksvorstellungen in mir zu entwickeln, um genau das zu wollen, was sie wollen.
Ein konkretes Beispiel: Wenn ich mich so ganz ehrlich und ungeschminkt frage; warum will ich in letzter Zeit unbedingt ein iPhone 11 kaufen will, zu welchem Ergebnis komme ich? Die lächelnden Gesichter jungen Menschen oder zufriedene und erfolgreiche Geschäftsleute, die in der Werbung gerade so ein Ding besitze, führen mich dazu, darin ein Zauberstab für Glück und Erfüllung zu sehen. Aber, kann mich ein Handy wirklich glücklich machen?
Vor kurzem habe ich mir ein neues Fahrrad gekauft. Schon lange habe ich es mir gewünscht. Es ist nützlich, umweltschonend und gesund, so ein Ding zu besitzen. Es ist nicht schlimm, wenn ich mich darüber freue und mir das gönne. Es ist nur falsch zu denken; Ich werde ein glücklicher Mensch, WENN ich es besitze! Denn in dem Moment besitze ich nicht mehr mein Fahrrad, sondern es besitzt mich – mein Herz, meine Gefühle. Und gerade diesem Irrtum bin ich für einen Moment verfallen. Und es passiert mir ja immer wieder!

Die Fülle und die Vielfalt der freundlichen, und geradezu verlockenden Angeboten des Marktes und der Gesellschaft zeigt mir, dass die Frage nach den „guten und schlechten Hirten“ in meinem Leben tagtäglich präsent ist. Dabei geht es mir gar nicht so sehr um das Gut und das Böse, sondern um richtig und falsch für mich als Menschen! Ich möchte keinem so generell unterstellen, dass er mich nur ausnutzen will. Nur ich muss souverän meine innere Haltung zum Angebot machen können.

Wem schenke ich mein Vertrauen, dass er mich wirklich glücklich machen kann? Wovon verspreche ich mir das Glück?
Das sind für mich die Fragen nach den richtigen und falschen Hirten in meinem Leben heute! Und gerade da ist für mich die Gefahr, den falschen (falschen für mich) „Hirten“ hinterher zu laufen, größer, als dass ich praktisch von meinem christlichen Glauben abfalle und einer Sekte beitrete.
Es gibt so viele Arten, wie ich den falschen Evangelien und falschen Hirten heute verfallen kann. Und Jesus warnt mich heute davor, freundlich und voll Sorge! Seine Rede im heutigen Evangelium wirkte auf mich im ersten Moment ein wenig militant und als ob er irgendwie bei dieser Rede gerade auf die Krawalle gestellt war. Aber am Ende dieser Betrachtung, sehe ich darin eher eine Sorge – und wenn ich mein Leben so betrachte, dann muss ich ihm zugeben, seine Sorge ist nicht unberechtigt.

Wem schenke ich mein Vertrauen, dass er mich wirklich glücklich machen kann? Wovon verspreche ich mir das Glück?
Das Evangelium lädt mich ein, mir immer neu diese Fragen zu stellen! Im Licht des Evangeliums und im Leben Jesu erkenne ich für mich ein Kriterium, der mir immer helfen kann, richtigen Weg zu gehen. Ich soll immer nur zu dem gehen, wer oder was mich als Menschen wachsen und reifen lässt!