Predigt von Pater Ivan zum 7. Sonntag der Osterzeit

Lesung aus der Apostelgeschichte.

Als Jesus in den Himmel aufgenommen worden war, kehrten die Apostel von dem Berg, der Ölberg genannt wird und nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist, nach Jerusalem zurück. Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben: Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philíppus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, der Zelót, sowie Judas, der Sohn des Jakobus. Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.

Auf meinem Schlüsselbund hängt seit 20 Jahren neben anderen Schüsseln der Kirchen und Pfarrhäusern in deinen ich als Pallottiner und Priester war, immer auch der Schlüssel von meinem Elternhaus in Kroatien. Als ich damals im Jahre 2000 von meinen Eltern ausgezogen bin, um ins Noviziat der Pallottiner zu gehen, sagte mein Vater zu mir, ich soll auf jedem Fall den Hausschlüssel behalten. Er wollte, dass ich immer vor Augen habe, dass ich ins Elternhaus jeder Zeit kommen kann, besonders wenn es nicht gut läuft.

Damals war ich zu jung und zu stolz, um zu gestehen, dass es mir gut tut, den Hausschlüssel des Elternhauses immer dabei zu haben, aber er ist immer an meinem Bund geblieben! Wenn ich mich darauf besinne, spüre ich immer große Dankbarkeit meinen Eltern gegenüber! Es ist mir wichtig eine Heimat und so einen Rückzugsort zu haben. Bis heute verbringe ich sehr gerne ein Teil meines Urlaubs im Elternhaus. Der Hausschlüssel ist ein Symbol dafür! Er ist für mich ebenfalls ein Zeichen der Verbundenheit mit allen anderen, die auch den Schlüssel dieser Tür haben – mit meiner Familie.

Die heutige erste Lesung aus der Apostelgeschichte erzählt uns, dass die Jüngerinnen und Jünger Jesu nach seiner Himmelfahrt zurück in den „Obergemach“ gegangen sind. Nach der Tradition der Kirche ist unter dem Begriff „Obergemach“ der Abendmahlsaal gemeint.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die ganzen Erfahrungen vom Karfreitag bis Pfingsten für die Jüngerinnen und Jünger Jesu sehr belastend waren. Wir sind ja an alle diese Geschichten dermaßen gewöhnt, dass sie uns im Alltag nichts ausmachen, aber wenn man sich darauf besinnt und versucht, sich genau vorzustellen, dann merkt man, wie schwierig das Ganze war. Das musste man erstmal alles schlucken können!

 In dieser Situation der enormen Belastung und Lebensgefahr, kehren die Jüngerinnen und Jünger zurück zu diesem bekannten Ort. Dort haben sie lebendige Erfahrungen mit ihrem Freund gemacht. Dort hat noch vieles an ihn und an die gemeinsamen Zeiten erinnert. Dort konnten sie wieder das Mahl halten, zu seinem Gedächtnis! Dort war er im Mahl unter ihnen. In diesen Tagen war der Abendmahlsaal vielleicht nicht der sicherste Ort, den sie sich aussuchen konnten, aber bestimmt der geeignetste und der schönste. Fast möchte ich vorstellen, dass Jesus ihnen beim letzten Abendmahl den Schlüssel vom Saal gelassen hat, damit sie immer wissen, dass sie ein Zuhause haben!

Wenn ich aber daran denke, dann wird es mir bewusst, dass die junge Kirche solche Orte gebraucht hat und dass sie ihr von der Bedeutung waren. Auch ihre späteren Versammlungen etwa im „domus ecclesiae“ – im Haus des Simon Petrus oder den Häusern den Gemeindemitgliedern zeigten, meiner Meinung nach, auch  ihr Bedürfnis nach Beheimatung, nach stabilen Orten der Begegnung und der Zugehörigkeit.

In gewisser Weise ist für mich auch meine Heimatkirche so ein Ort! In ihr wurde ich getauft, habe meine Erstkommunion und Firmung empfangen, war ehrenamtlich engagiert. Und als ich zum Priester geweiht werden sollte, konnte ich mir keinen besseren Ort für dieses wichtige Ereignis vorstellen als „meine Kirche“. Sie war für so eine aufwändige Liturgie sicher nicht die geeignetste, aber sie ist eben „meine Kirche“.

Wir Menschen suchen nach Geborgenheit, wollen wissen und spüren, wo wir angenommen sind und uns zu Hause fühlen können – auch im religiösen und gemeindlichen Sinne.

Die heutige Lesung zeigt mir, dass mein eigenes Bedürfnis nach einem solchen Ort der Verankerung nicht seltsam, sondern normal und menschlich ist. Heute fühle ich mich, dank dieser Lesung, mit allen Menschen, die dieses Bedürfnis ebenfalls haben, besonders verbunden.

Die Lesung zeigt mir ebenfalls, was ich von der Kirche als Institution erwarten darf – ein Zuhause, einen festen Ort der Zugehörigkeit und Beheimatung und zwar nicht mal da und mal da – im großen Gebilde der Institution Kirche, sondern vor Ort, wo ich meine Beziehungen lebe und arbeite. Und meine größte Wunde ist eben, dass ich bis jetzt noch nie das Gefühl hatte, dass die kirchlichen Oberen dieses Bedürfnis verstehen und respektieren.

Die Lesung zeigt mir gleichzeitig auch meine christliche Berufung. Als Mitglied einer christlichen Gemeinde (und dann auch als Priester) bin ich ja berufen, den anderen in der Gemeinde ein Zuhause zu schenken, zu ermöglichen. Ein schöner Gedanke für mich! Ich habe das Gefühl, dass gerade darin sehr viel Anziehungskraft liegt.