Predigt von Pater Ivan zum 14. Sonntag im Jahreskreis

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus.

In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will. Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.

Neulich habe ich mit einem 5järigen Jungen mit Playmobil gespielt. Dabei ist einer Figur, einem Playmobil-Männchen Kopf abgefallen und der kleiner Junge hat das Spiel unterbrochen, um seine Figur wieder heile zu machen. Als ich dann bemerkt habe, dass es ihm nicht gelingt, weil seine kleinen Hände motorisch noch nicht so weit sind, wollte ich ihm helfe. Aber er lehnte jede Hilfe ab und wurde zornig auf mich. Er meinte ja, er kann das selber machen, er sei schon groß genug! Ich wusste ja, er überschätzt sind vollkommen, aber ich wusste auch, dass er in dem Augenblick für das neue Wissen und für die neue Erfahrung nicht offen ist. Und solange er von seiner „Größe“ überzeugt ist, wird er sich nur im Kreis drehen. Irgendwann wollte er endlich weiter spielen können und bat doch um Hilfe. Da habe ich ihm nicht nur seine Figur repariert, sondern auch gezeigt, wie er das später selber machen kann!

An diese Situation musste ich denken als ich das heutige Evangelium gelesen habe.

Gott ist bereit, uns immer neue Wege zu zeigen! Er kann uns mit seinem Geist immer wieder neu inspirieren, aus eigenen Fehlern zu lernen und neue Wege zu gehen, sodass unser Leben gelingen kann. Und das tut er durch die Menschen, die uns begegnen, durch Situationen die wir erleben. Nun, solange wir uns für weise und klug halten und auf seine leise Stimme nicht hören wollen, bleibt uns vieles verborgen! In so einer Situation sagt man: „Er hat Brett vor dem Kopf“. Dieser Spruch finde ich sehr zutreffend. Denn in solchen Momenten sehen wir  gar nicht, dass vor uns ein Bote Gottes steht und tun alles ab.

Die Weisen und die Klugen aus dem heutigen Evangelium sind nicht die, auf die Gott etwa neidisch wäre und denen er aus Neid eine neue Erkenntnis entziehen würde. Das sind wir alle in den Momenten unseres Alltags, in denen wir meinen, auf keinen hören zu brauchen. Das sind wir alle in den Momenten unseres Alltags in denen wir selbstherrlich denken, alles richtig zu machen und bei uns selbst nichts korrigieren zu müssen. In solchen Momenten verschließen wir uns vor neuen und bereichernden Erkenntnissen und Wegen, die uns bereichern und entfalten können.

Ich merke das bei mir selbst besonders in den Diskussionen. Manchmal bin ich so selbstherrlich von meiner eigenen Sicht und meiner eigenen Meinung überzeugt, dass ich den anderen gar nicht höre. Da lehne ich seine Argumente ab, ohne sie richtig zu hören, falle ins Wort, unterbreche! Du kannst mir erzählen was du willst, ich weiß besser, geht mir in solchen Moment durch den Kopf. Da überschätze ich nicht selten meine eigene Erfahrungen und mein eigens Wissen.

 Es ist kein schönes Geständnis, aber es ist wahr – in solchen Momenten reagiere ich nicht viel reifer als dieser 5jähriger Junge, der „schon groß“ ist und der meint, alles schon zu wissen, was er für seinen weiteren Weg braucht. Und während ich jetzt so darüber nachdenke, wird es mir bewusst; dann kann Gott eben nicht anders reagieren, als ich damals bei diesem Jungen reagiert habe. Er muss mich erstmal lassen, dass ich auf meinem selbstherrlichen Weg auf die Nase falle und bereit werde, zu gestehen, dass ich eben seine Hilfe (und die den anderen Menschen) brauche.

Erst wenn ich bereit bin, zu gestehen, dass ich in einer Situation in einer konkreten Sache „Unmündig“ bin, können sich vor mir neue Türen öffnen. Denn „unmündig“ im Sinne des heutigen Evangeliums sein, bedeutet, eigene Grenzen zu gestehen. Und die hat ja jeder Mensch!

Und wiederum; wenn ich so zurück auf viele Diskussionen und Sitzungen schaue, erkenn ich, die bereicherndste Gespräche sind immer für mich die gewesen, in denen ich vor Augen hatte, dass ich eben nicht alles weiß und kann und dass der andere mir auch was zu sagen hat. Im Rückblick erkenne ich, dass es sich immer Lohnt, eigene „Unmündigkeit“ zu gestehen und vor Augen zu haben.

Ich lasse nun alle gegenwärtig offenen Diskussionen und Konflikte mit meinen Nächsten durch den Kopf gehen und frage mich; Wo muss ich da noch von meinem „Thron der Weisheit“ herabsteigen? Wo muss ich noch meine „Unmündigkeit“ einsehen und mich für das neue und das andere öffnen?

Am Ende des Evangeliums sagt Jesus; wer von ihm (dem demütigen) lernt, der wird Frieden mit sich selbst und mit den anderen erfahren. Der Schluss des heutigen Evangeliums finde ich sehr schön! Wenn ich so von Jesus lerne, dann befreie ich mich von der Angst als dumm da zu stehen und erkenne, dass die wahre Größe darin liegt, neue Wege kennen zu lernen und zu beschreiten. Dann habe ich den Frieden in mir. Dann lerne ich auch die Erfahrungen und die Wege der anderen wertzuschätzen und als Stimme Gottes anzunehmen. Dann können sich manche Konflikte in meinem Leben und in meinen Beziehungen lösen.

Die wahre Weisheit lieg in der Bereitschaft, eigene Grenzen zu gestehen und jeden und alles als Offenbarung Gottes anzunehmen!