Alles ist anders in diesem Jahr…

Alle Welt redet von einem Virus, der sich, selbst unsichtbar, von China ausgehend über die ganze Welt zu verbreiten scheint und bisher nicht aufzuhalten ist, weil es noch kein Medikament gibt, das ihm Einhalt gebietet. Da  das Virus von Mensch zu Mensch übertragen wird, gilt es Abstand voneinander zu halten, um sich bzw. den anderen zu schützen. Deshalb sind Zusammenkünfte von Menschen verboten, um Ansteckungen zu vermeiden; und nicht nur Großveranstaltungen jeder Art sind untersagt, sondern auch kleinere Treffen; und Kitas und Schulen sind – zunächst bis nach Ostern – geschlossen.

Auch Gottesdienste sollen ausgesetzt werden, und aus Rom wird gemeldet, dass auch die Liturgie der Kar- und Ostertage ohne Beteiligung der Gläubigen gefeiert werden sollen; man wird sie im Fernsehen übertragen.

Dabei bilden diese Gottesdienste den Höhepunkt des ganzen Kirchenjahres: Sie setzen die Ereignisse gegenwärtig, in denen das Leben Jesu paradoxerweise gipfelt: Mit dem umjubelten Einzug in Jerusalem weiß Jesus, dass ihm das Letzte an hingebender Liebe abverlangt werden wird, und in dieser Gewissheit feiert er mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl, ringt auf dem Ölberg mit der Zustimmung zum Willen des Vaters, wird gefangen genommen, verurteilt, gepeinigt und schließlich vor die Tore der Stadt zum Hinrichtungsplatz geführt, wo er als Gekreuzigter verblutet. Er wird vom Kreuz abgenommen und in ein nahes Felsgrab gelegt, und seine Jünger scheinen vorher nicht recht hingehört zu haben, als er, vorausschauend auf seine Hinrichtung, andeutend auch schon auf die Folgeereignisse hingewiesen hatte; so sind sie verwirrt geflohen. Nur die Frauen, die Jesus mit gefolgt waren, blieben in der Nähe (im Johannesevangelium wird auch der Lieblingsjünger Johannes noch erwähnt), und sie sind es, die als erste mit der Tatsache der Auferstehung Jesu konfrontiert werden, als sie in aller Frühe des nächsten Tages zum Felsgrab kommen, um die Salbung des Leichnams Jesu nach jüdischer Sitte zu vollenden.

Die einzelnen Evangelisten berichten je auf ihre Weise von den Erfahrungen, die die Jünger und Jüngerinnen nun mit dem Auferstandenen erleben, der an seinen Wunden erkennbar ist, zugleich aber eine völlig neue Daseinsweise gefunden hat; die Evangelisten sprechen von ihm in paradoxen Formulierungen: „Man erkennt ihn und erkennt ihn auch wieder nicht; man berührt ihn und doch ist er unberührbar; er ist derselbe und zugleich ganz anders“ (Hubertus Halbfas). Er kann sich durch Türen und Mauern gegenwärtig machen und sich auch wieder entziehen; er begegnet, wem er will, wo und wann er es will, und so bieten uns die Evangelien eine ganze Reihe unterschiedlicher Zeugnisse und Erfahrungen, und es ist reizvoll, zu versuchen, sie alle in eine mögliche Reihenfolge zu bringen. Das habe ich versucht in den folgenden „Österlichen Szenen“, in einfachen, sangbaren Versen.

                                                                                     Klaus Lutterbüse

Österliche Szenen
(zu singen nach GL 328:
Gelobt sei Gott im höchsten Thron)

Die Frauen mit den Spezerei’n
stehn staunend am gewälzten Stein:
Sollt‘ Jesu Grab denn leer wohl
sein?
Halleluja, Halleluja, Halleluja.

Der Herr ist längst vom Tod
erweckt;
die Frauen sind zutiefst erschreckt,
als Engel ihnen dies entdeckt.
Halleluja…

Schon fliehend, hören sie das Wort:
„Der Herr ist nun an jedem Ort,
drum kündet überall sein Wort!
Halleluja…

Gott ließ im Totenreich ihn nicht;
aus ihm heraus strahlt nun sein Licht
und wird zum rettenden Gericht.“
Halleluja…

(vgl. Mk. 16, 1-8; Mt. 28, 1-8; Lk. 24, 1-11)

  •  

Als morgens ihr der Herr erscheint,
Maria Magdalena weint;
den Gärtner sie zu sehn vermeint.
Halleluja…

Er ruft bei ihrem Namen sie;
sie ist erfreut, wie vorher nie
und sinkt erkennend auf die Knie.
Halleluja…

Sie will berühren, den sie sieht,
und ist erstaunt, als es geschieht,

dass er zurücktritt, sich entzieht.
Halleluja…

„Durch alles, was an mir geschah,
ist nun mein Vater neu euch nah
und ist als Retter für euch da.“
Halleluja…

Da sieht mit einem Mal sie klar
und kündet froh der Jüngerschar,
dass ihr der Meister nahe war.
Halleluja…

Vollendet sei sein’s Lebens Lauf,
er steige jetzt zum Vater auf,
damit der Geist sie alle tauf‘.
Halleluja…

(vgl. Mk. 16, 9-11; Joh. 20, 14-18)

  •  

Johannes eilt geschwind zum Grab,
ist schneller als des Petrus‘ Trab,
denn Liebe lässt vom Ziel nicht ab.
Halleluja…

Die Grabstatt finden beide leer.
Sie blicken hin und blicken her:
Der Herr ist länger tot nicht mehr!
Halleluja…

Sie sind von all dem ganz verstört
und sind allmählich erst bekehrt,
als der Erstand’ne sie belehrt.
Halleluja…

(vgl. Joh. 20, 3-13; Lk. 24, 12)

  •  

Der Thomas, dem der Zweifel kam,
spürt bald die allergrößte Scham,
als Jesus ihn beim Wort dann nahm.

Halleluja…

(vgl. Joh. 20, 24-29)

  •  

Den Emmausjüngern er erhellt,
als Fremder ihnen zugesellt,
sein’s Leidens Sinn für diese Welt.
Halleluja…

Er deckte auf der Schriften Sinn.
Das Herz, es brannte tief dadrin,
und alle Traurigkeit war hin.
Halleluja…

Als er das Brot mit ihnen brach
im Hause, das am Wege lag,
wurd‘ neu der Glaub‘ in ihnen wach.
Halleluja…

Er bleibe bei uns in der Zeit,
und mache unser Herz bereit,
ihn dann zu schau’n in Herrlichkeit.
Halleluja…

(vgl. Lk. 24, 13-35)

Klaus Lutterbüse